SANIERUNG MEHRFAMILIENHAUS /// Essing
Es war einmal … eine Gaststätte an der Quelle
Ein idyllisches Fleckchen ist der Blautopf in Essing. Der kleine See, der im Sonnenlicht magisch blau leuchtet, ist eine Karstquelle. Nebenan liegt ein Altbau: Dort traf man sich lange Jahre im Gasthof „Essinger Hof“. Eine kleine Kapelle steht dort auch. Die Leute in der Gegend nennen die ganze Anlage schlicht Weihermühle.
Tatsächlich gehört auch eine alte Wasserkraftanlage zum Gebäudebestand, entstanden am historischen Standort einer Mühle. Seit 1907 hat sie zur Stromversorgung für den Markt Essing beigetragen. Nach einer großen Sanierung sind in den alten Gebäuden neue Wohnungen entstanden mit zeitgemäßem Energie-Konzept – in das auch das instandgesetzte Wasserkraftwerk wieder integriert wurde.
Das Ensemble war in die Jahre gekommen, als sich 2017 motivierte Sanierer fanden. Hinter der eigens neu gegründeten Baugesellschaft Bauproma steckt ein Zusammenschluss örtlicher Handwerksbetriebe, die zuvor schon lose zusammengearbeitet hatten. Das Projekt Weihermühle brachte das Team enger zusammen: endlich ein Objekt, an dem alle gemeinsam ihre Stärken zeigen konnten, direkt vor Ort.
Binnen einer Woche leiteten die Handwerker die Gründung der GmbH in die Wege und unterbreiteten das Kaufangebot. Sie erwarben das über 7.000 Quadratmeter große Grundstück mitsamt Blautopf, auch die alte Wasserkraftanlage plus das einstige Wirtshaus samt 23 Fremdenzimmern und Anbau. In den folgenden Jahren sanierten sie das einstige Gasthaus, das teils aus dem späten 19. Jahrhundert, teils aus den 1970er- Jahren stammte, ein Nichtwohngebäude mit Hackschnitzelheizung. Sie schufen in seinen entkernten Außenmauern modernen Wohnraum.
Vom Altbau zum modernen Standard
18 Wohneinheiten sind im Altbau der Gaststätte entstanden, ein bis drei Zimmer, zwischen 34 und 97 Quadratmetern groß, insgesamt etwa 1.000 Quadratmeter Wohnfläche. Alle Wohnungen haben Fußbodenheizung, einen Balkon oder im Erdgeschoss eine Terrasse. Sie sind barrierearm erschlossen, der Aufzug reicht bis ins Dachgeschoss. Saniert wurde hier ab Januar 2018, im Frühjahr 2019 konnten die Wohnungen bezogen werden. Weitere Wohnungen sind anschließend nebenan in einem Neubau entstanden.
Bauproma ist es gelungen, bei der Sanierung des Altbaus den KfW-Effizienzhausstandard 70 zu erreichen. Dafür musste vieles passen. Die alten Wände hat man von außen mit der perlitgefüllten Wärmedämmfassade gedämmt – verbaut in der massivsten Form mit 18 Zentimetern Wandstärke. Auch Fenster, Dach und Lüftungsanlage wurden genau abgestimmt. Wärmebrücken wurden minimiert, man sorgte für optimale Luftdichtheit. Dachstuhl und Keller hat man aus der thermischen Hülle ausgeklammert.
Eine zusätzliche Ziegelhaut
Die Wasserkraft-Anlage wurde beibehalten und von Anfang an stets mitgedacht. Im Einsatz ist nach wie vor die Turbine aus den 1950er-Jahren. Aber sie verursacht stetig Schwingungen und Schall – also hat man sie aus dem Gebäude gelöst und nach außen verlagert. Der Generator hat ein eigenes kleines Häuschen bekommen mit Glasfronten, durch die man der frisch gestrichenen Turbine nun beim Arbeiten zuschauen kann.
Moderne Wohnungen mit moderner Heizung
Mit der Sanierung hat man auch den Wirkungsgrad der Turbine verbessert: Statt bislang maximal 13 Kilowatt, die praktisch auch kaum mehr erreicht wurden, liefert die Anlage nun 21. Eine Generalüberholung sowie verbesserte Regelungs- und Steuerungstechnik machen es möglich. Mit der alten Handsteuerung konnte man die Schüttmenge des Wassers aus der Blautopfquelle selten optimal nutzen. Eine neue, automatisierte Steuerung kann das besser und erlaubt es, sogar bei Niedrigwasser Strom zu erzeugen. Baulich kam allen sehr entgegen, dass das Wasser nun einen neuen Weg nimmt und nicht mehr direkt durchs Gebäude fließt. Auch der Hochwasserschutz konnte in dem Zuge verbessert werden.
Die Wohnungen im sanierten Altbau und im Neubau haben eine gemeinsame Heizzentrale. Sie setzt neben der Wasserkraft auch auf zwei Sole-Wärmepumpen, die zusätzlich eingebaut wurden und mit Erdkollektor funktionieren. Eine stellt die Grundlast für die Heizung bereit, die andere ist für die Warmwasserbereitung vorgesehen. So kann das Heizsystem komplett autark betrieben werden. Das Projekt bekam 2019 den Klimaschutzpreis des Landkreises Kelheim.
Copyright Bilder: Goppold Bau GmbH
Baudaten | |
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Gebäudetyp | Mehrfamilienhaus |
Grundstücksgröße | ca. 7.500 m2 |
Wohneinheiten | 18 |
Abmessungen | L 28,5 × B 19 m |
Bauzeit | 01/18 – Frühjahr 2019 |
Konstruktion | Außendämmung POROTON®-WDF® in Stärke 18 cm |
Gedämmte Fläche | ca. 1.200 m2 |
Wärmeschutz | U-Wert nachher Außenwand 0,24 W/(m2K) Fenster 0,9 W/(m2K) |
Energetischer Standard | KfW-Effizienzhaus-Standard 70 |
Anlagentechnik | Wärmepumpe mit Wasser aus Turbinenzuleitung (1/4 Strom wird über Turbine erzeugt) |
Bauherr | Bauproma GmbH & Co KG, Riedenburg |
Architektur | Markus Hackner Bauplanungen, Neumarkt |
Bauunternehmen | Goppold Bau GmbH, Riedenburg |
Tragwerksplanung | Schneider Bauingenieure GmbH, Riedenburg |