Schlagmann Referenz
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BAUERNHAUS /// Vilsbiburg

Neotraditionelles Bauernhaus

Für bayerische Bauernhäuser gibt es jahrhundertealte Traditionen. Aber wie baut man sowas heute? Die Frage stellte sich in Vilsbiburg, wo der verfallene Stall eines Dreiseithofs ersetzt werden sollte. Architekt Thomas Gerstmeir ist Lehrbeauftragter an der TU München und war nicht der Erste, der sich daran versuchte – der Bauherr hatte bereits einen Entwurf und eine Genehmigung. Doch darin steckten zu viele Modeerscheinungen und Kompromisse. Im zweiten Anlauf ging man es puristischer an.

Es sollte schließlich ein Gebäude werden, das Bezug nimmt auf die Bautradition der Gegend, ohne dabei auf moderne Materialien und Energiestandards zu verzichten. Eine solche Kombination vom Besten der alten und der neuen Zeit hat auch in der Architektur einige Tradition: Auch König Ludwig hat seine historisierenden Schlösser mit den neuesten Baustandards ausstatten lassen. Was genau macht also ein typisches Bauernhaus aus? Der neue Entwurf begab sich auf Spurensuche. Und schuf ein Erdgeschoss mit niedriger Decke aus unverleimten Holzbalken und unbehandeltem Holz – da sind Risse vorprogrammiert. Damit dennoch moderner Schallschutz greift, wurden die Decken als moderne Holzbetonverbunddecken erstellt. So kann sich die Untersicht frei verziehen. Individuelle Elemente werden dem Bauherrn gerecht: Er schnitzt gerne, also wurden die Deckenbalken um einen „Abschnitz“ (hergeleitet vom Abbrandsbegriff) überdimensioniert. Individuell wurden auch die Wände gehandhabt. Sie haben angepasste Wandstärken zwischen von 36,5 und 49 Zentimetern. Einzelne Innenwände sind holzbeplankt, andere mit schweren Ziegeln gemauert.

Alte Ziegel wurden zu Ornamentbändern

Integriert wurden zudem Ornamente aus alten Ziegeln, die beim Abriss des alten Stalls gerettet worden waren und nun, im neuen Gewand, weiß daherkamen. Den Sockelbereich hat man mit Betonsteinen in Rustika-Sichtmauerwerk erstellt. Auch das zitiert einige Bauernhöfe der Gegend, die im 19. Jahrhundert als Renaissance- Replikat gebaut wurden. Besondere Putzstrukturen spielen auf die Holz-Ziegel- Mischtechnik der Wände an, Besenstriche mit Kellenschnitten imitieren Holzoberflächen.

Interessante Details und Bauphysik

Geheizt wird das Bauernhaus über eine ausgeklügelte Sole-Wasser-Wärmepumpe. Die Bauphysik war herausfordernd und führte zu interessanten Lösungen, die auf den folgenden Seiten im Detail gezeigt werden. Die perlitgefüllten Ziegel konnten hier punkten und erwiesen sich als besonders nachhaltige Variante einer monolithischen Wandkonstruktion. Im August 2016 wurde der Neubau fertig, nach 15 Monaten Bauzeit: 200 Quadratmeter Wohnfläche mit modernstem Standard und KfW-55-Eigenschaften*.

Auflager Holzbalkendecke

Für die Lagerung der Holzbalkendecke oberhalb des Erdgeschosses fand sich eine gute Lösung: Damit die Holzbalken nicht ins Mauerwerk eingebunden werden mussten, hat man sie auf Streichbalken vor der Wand aufgelegt. Dazu wurde das Mauerwerk auf 36,5 Zentimeter reduziert. Die acht Zentimeter dicke Betonschicht bindet nur fünf Zentimeter ein und ist abgedämmt. Sie konnte mit einer einfachen Ziegelschicht ummauert werden. An der Außenfassade wurde auf eine Abdeckung der Fensterbänke verzichtet und lediglich Sperrbeton mit Abdichtung verbaut. So ergaben sich verputzte Fensterbänke.

Korbbogen Fenstergesims

Bei diesem Korbbogen mit Altziegeln musste zweischalig gemauert werden. Dabei verzichtete man auf eine Verblechung.

Balkonanschluss

Richtig kompliziert war der Balkonanschluss. Auch hier sollten die Balken nicht durchs Mauerwerk hindurchgeführt werden. Zudem war im Balkonbereich des Obergeschosses aus gestalterischen Gründen eine Holzständerwand vorgesehen. Wandseitig liegen die Balkonbalken auf Stahlwinkeln auf, außen wurden sie vom Lüftersparren abgehängt.

Sockelbereich

Den Sockelbereich auf der Bogenseite haben die Bauherren mit Betonsteinen vormauern und die Fugen aufputzen lassen. Somit wurde eine klassische Rustika nachempfunden, wie sie bei größeren Höfen der näheren Umgebung oft vorkommt.

Copyright Bilder: Willner

Baudaten  
Wohneinheiten 1
Abmessungen L 16 × B 8 m
Wohnfläche 200 m2
Bauzeit 05/15 – 08/16
Konstruktion Ziegel-Massivbau
Wandbaustoff
POROTON®-T7
in Wandstärke 36,5
und 42,5 cm
Bauherr Josef Süßl, Vilsbiburg
Architektur gerstmeir inić architekten BDA, Thomas Gerstmeir, München
Bauunternehmen Bauunternehmen Raimund Fredlmeier, Bodenkirchen
Anlagentechnik Sole-Wasser-Wärmepumpe
Wärmeschutz U-Wert Außenwand 0,14 W/(m²K)
U-Wert Fenster 0,9 W/(m²K)
Energetischer Standard KfW-Effizienzhaus 55
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