Warten auf den Bau-Turbo

Die Krise verfestigt sich

15.10.2024

Die Abwärtsspirale durchbrechen

Die Probleme im Wohnungsbau sind vielfach beschrieben: Steigende Kosten und Zinsen in Kombination mit bürokratischen Hemmnissen sorgen dafür, dass bereits geplante Bauvorhaben nicht verwirklicht und immer weniger neu in Angriff genommen werden. Auf der anderen Seite fehlt weiterhin Wohnraum im großen Maßstab. In der Zielsetzung sind sich Politik und Bauwirtschaft daher längst einig. Und die Lösungen liegen auf der Hand. Trotzdem passiert viel zu wenig, um die angestrebte Zahl an Neubauten auch nur ansatzweise zu erreichen.

Symptome verschärfen sich

Die Abwärtsspirale beim Wohnungsbau verfestigt sich weiter. Um noch einmal 21 Prozent ging die Zahl der Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich mit dem schon niedrigen Stand des Vorjahres zurück. Im zweiten Halbjahr wird sich dieser Trend voraussichtlich sogar noch verstärken. Das hat inzwischen auch fatale Auswir­kungen auf viele Betriebe. Die Auftragspolster aus den Vorjahren sind abgearbeitet, Auftragsmangel und Insolvenzen nehmen zu. Laut einer Umfrage des ifo-Instituts klagten im Juli bereits mehr als 40 Prozent der zumeist mittelständischen Bauunternehmen über fehlende Aufträge. Mehr als zehn Prozent meldeten Finanzierungsschwierigkeiten.

Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen, benennt die Zusammenhänge: „Die höheren Zinsen und die drastisch gestiegenen Baukosten würgen das Neugeschäft förmlich ab.“ Was daraus folgt, formuliert er so: „Es braut sich ein Sturm zusammen.“ Von einem „toxischen Mix aus höheren Energie- und Verbraucherpreisen, einem weltweiten Nachfrageeinbruch und nationalen Problemen wie hohen Arbeitskosten sowie enormen Bürokratie- und auch Steuerlasten“ spricht Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft.

Baukrise

Stagnation ist zu wenig

Dass die Baupreise inzwischen nach der Rallye der Vorjahre nicht mehr so rasant steigen und für manche Materialien und Gewerke zuletzt sogar ein leichter Rückgang zu verzeichnen war, genügt für den dringend benötigten Impuls nicht. Insbesondere energieintensive Produkte sind weiterhin mit Teuerungsraten versehen. Und auch der Rückgang bei den Zinsen für Baudarlehen verläuft viel zu langsam, um eine Dynamik im Wohnungsbau zu entfachen.

Ähnliches gilt für die angekündigten und inzwischen zumindest in Teilen umgesetzten Maßnahmen, mit denen Bürokratie und politisch gesetzte Hemmnisse für Neubauten reduziert werden sollen. Die – zumeist nur befristete – Aussetzung hinderlicher Vorschriften kommt zu langsam voran. Neue Förderprogramme entlasten die Bauherren zu wenig. Nicht zuletzt die staatliche Regulatorik bremst einen deutlichen Rückgang bei den Baukosten weiterhin aus.


Es braucht einen großen Wurf

Die Bauwirtschaft hält deshalb massive Förderprogramme und Steuererleichterungen für unerlässlich, um die Krise in den Griff zu bekommen. Dazu würde neben höheren Fördermitteln auch eine befristete Absenkung der Grunderwerbssteuer und ein durchgreifender Bürokratieabbau gehören.

Argumente dafür gäbe es mehr als genug. Nach einer Berechnung der Wochenzeitung „Die Zeit“ haben in Deutschland mehr als 9,5 Millionen Menschen zu Hause zu wenig Platz. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und ihre Kinder. Gerade günstiger Mietwohnungsraum fehlt massiv. „Deutschland braucht ein Konjunkturprogramm Wohnen. Und zwar nicht erst in den Wahlprogrammen der Parteien zur nächsten Bundestagswahl, sondern jetzt“, findet Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten.

Kapazitäten müssen erhalten werden

Die Wertschöpfung der Baubranche lag im vergangenen Jahr bei 537 Milliarden Euro. Eine Arbeitsgruppe des Bauforschungsinstituts Kiel hat berechnet, dass der Rückgang der Investitionen in diesem Bereich allein in diesem Jahr ein Minus von fünf Milliarden Euro in der Kasse des Bundes bedeutet. Die Zahl der mit der Bauwirtschaft zusammenhängenden Arbeitsplätze ist annähernd so hoch wie der in der Autoindustrie.

Diese Kapazitäten drohen angesichts der aktuellen Krise teilweise verloren zu gehen. Das hätte nicht nur fatale Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation in Deutschland insgesamt. Zudem wäre es in Zeiten des Arbeitskräftemangels kaum möglich, sie kurzfristig wieder aufzubauen. Kommt der von der Bundesregierung seit langem versprochene Bau-Turbo nicht schnell, drohen irreversible Schäden. Dann würden auch noch so umfangreiche Fördermaßnahmen wirkungslos verpuffen, weil sie nicht mehr abgerufen werden könnten.

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